Sonntag, 16. August 2015

Blutdruckgeschichten und Scheiße schwimmen [Schwangerschaft]



Bei allen Schwangeren wird regelmäßig Blutdruck kontrolliert. Das ist sehr wichtig, weil es schwangerschaftstypische Erkrankungen gibt, die mit erhöhtem Blutdruck einhergehen. Als dicke „Risikoschwangere“ fielen dann auch wie „erwartet“ gleich leicht erhöhte Werte auf. Es ärgerte mich sehr dem Klischee der dicken Blutdruckpatientin zu entsprechen, bzw. der kränkelnde „Beweis“ für Adipositas Folgeerkrankungen zu sein.
 
Daraus, dass die Werte schon am Anfang der Schwangerschaft erhöht waren, ließ sich schließen, dass sie möglicherweise schon vor der Schwangerschaft erhöht waren. Bei den oben erwähnten schwangerschaftseigenen Erkrankungen tritt ein Bluthochdruck meist erst ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel auf. 

Meine Ärztin war sehr nett und stimmte zu, dass ein einzelner Wert noch keinen Bluthochdruck ausmacht. Weil sie mich jedoch schon im Verdacht hatte, verschrieb sie mir zeitnah ein Heim-Messgerät. Dreimal täglich stellte ich nun leicht erhöhte Werte fest, besonders während der Arbeitszeiten. Aus der Sorge heraus, dass ein erhöhter Druck im System schädigend sein könnte, bekam ich nach einiger Beobachtung Metyhldopa, einen Blutdrucksenker verschrieben. Ziemlich parallel kam es zu einer Auszeit bei der Arbeit und rasch normalisierten sich die Werte. 

Dafür bekam ich massive Magen-Darm-Probleme. So stark und so anhaltend, dass ich nichts außer Zwieback mehr zu mir nehmen mochte. Die Tabletten ließ ich daher auch irgendwann weg und im Verlauf  ging es mir dann auch wieder besser. Die Blutdruckwerte blieben trotz weglassen der Tabletten im Normalbereich. Da im Beipackzettel des Medikamentes „gastrointestinale“ Probleme beschrieben waren, sprach ich meine Ärztin nachträglich darauf an, ob meine Beschwerden möglicherweise durch die Tabletten hervorgerufen worden waren. Sie hielt das für höchst unwahrscheinlich, da sie das Medikament häufiger verschreibe (Anmerkung: die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten für Schwangerschaftshochdruck sind sehr begrenzt) und vergleichbares bei anderen Patienten nicht beobachtet habe. 

Erst im letzten Schwangerschaftsdrittel kam es wieder zu erhöhten Blutdruckwerten, so dass ich die Tabletten erneut einnehmen sollte. Plötzlich ging es mit den Magen-Darm-Beschwerden wieder los. Über Tage, über Wochen. So schlecht habe ich mich selten im Leben gefühlt. Von einer Zunahme in der Schwangerschaft war auch überhaupt keine Rede… im Gegenteil, ich nahm fast 10 Kilogramm ab, was aber in Bezug auf mein Gesamtgewicht niemanden sorgte, da bei den weiteren Untersuchungen mit dem Baby alles in Ordnung war.

Höhepunkt war ein Hausarzt, der auf meine Verzweiflung mit dem Spruch: „Jetzt flippen sie mal nicht aus, ihr Baby schwimmt nicht in Scheiße“ reagierte. So sehr ich mich auch ärgerte, letztlich hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen. Schlecht wie es mir ging, blieb trotzdem meine größte Angst, dass die ganze Geschichte meinem Baby schaden könnte. 
Der errechnete Geburtstermin rückte nun langsam näher und als dann in einer Blutuntersuchung die Leberwerte von normalen zu plötzlich leicht erhöhten Werten wechselten, wurden auch die Ärzte nervös. Ich musste nun sehr engmaschig Blut abnehmen lassen und wurde mehrmals zu Kontrollen im Krankenhaus einbestellt. (Für Interessierte: Sorge war, dass es sich um ein HELLP-Syndrom handeln könnte.) 

Nochmal nahm ich mir den Beipackzettel vor, in dem neben Magen-Darm-Beschwerden auch Colitis (Darmentzündungen) und Hepatitis (Leberentzündung) beschrieben waren. Es reichte mir und ich beschloss mit den Tabletten endgültig aufzuhören. Die Ärzte stimmten zu, denn auch weiterhin war mein Blutdruck allenfalls leicht erhöht (in klinischen Beschreibungen: hochnormale Werte bis Hypertension 1. Grades) und das wollte ich lieber in Kauf nehmen als die höchstwahrscheinlichen Nebenwirkungen des Medikamentes. Und tatsächlich ging es mir wieder besser. Meine Beschwerden gingen zurück und die Leberwerte normalisierten sich wieder. Schönere letzte Wochen vor Ende der Schwangerschaft hätte ich mir nicht ausmalen können. Mir ging es wieder gut (und auffällige Blutdruckwerte bestanden seit der Geburt gar nicht mehr).

Anmerkung: dieses hier ist nur mein Fall und nicht als allgemeingültig oder als medizinischer Rat zu betrachten. Schwangerschaftshochdruck kann gefährlich für Mutter und Kind werden und es ist daher sehr wichtig die Therapie / Kontrolle eng mit den behandelnden Medizinern abzustimmen. Keinesfalls rate ich Medikamente aus Prinzip abzulehnen oder unbesprochen abzusetzen.

Donnerstag, 13. August 2015

Vom (Un?)Glück schwanger zu sein [Schwangerschaft]


Eine schlaflose Nacht, dann der Test mit dem Morgenurin. Zwei Striche, positiv, schwanger! Unbändige Freude und ein Überraschung-Osterpaket für den werdenden Vater. Jubeln… wir sind so verliebt wie nie. Analysieren… zeigt der Körper schon Anzeichen? Planen… wann sagen wir es dem Rest der Welt. Und auch: wann geht es zum Gynäkologen? 


Schon der Anruf beim Arzt ist mit Adrenalin-Stößen verbunden. Den Termin mache ich erst in zwei Wochen aus, noch ist alles zu frisch. In der Frühschwangerschaft kann man auf dem Ultraschall noch fast nichts sehen. Und ich mache mir so meine Gedanken… wird man das Kind auf dem Ultraschall überhaupt gut sehen können. Durch meine dicke Bauchdecke hindurch?

Bei der Frauenärztin dann die Bestätigung. Die Fruchthöhle ist schon gut zu sehen, auch darin ist etwas… obwohl man noch kein Herz schlagen sehen kann. Zu früh. Die Gedanken zur dicken Bauchdecke waren überflüssig. Der Ultraschall wird vaginal durchgeführt, man sieht alles einwandfrei. Danach setzen wir uns hin. Die Ärztin auf der einen, ich auf der anderen Seite des Tisches. Es folgt die Anamnese, das heißt Befragung. Schwangerschaftsrisiko liegt keines vor… außer Adipositas. Dieser einzige Punkt reicht, damit bin ich automatisch Risikoschwangere. Das muss sie ankreuzen sagt sie, später soll ich noch auf die Waage. Ich bin ganz froh, dass die Waage erst zum Schluss kommt. 
 
Eigentlich hätte ich gerne etwas Gewicht vor der Schwangerschaft verloren. Eigentlich. Theoretisch. Aber ich war schon immer dick. Sehr dick sogar. "Morbid adipös". Weit, weit über 100 Kilogramm schwer. Versucht habe ich früher einiges… immer mit dem Ergebnis weiterer Zunahme. Aber in den letzten Jahren habe ich besser damit gelebt mich zu akzeptieren und so viel wohler gefühlt... Sport gemacht und vermutlich ein stabiles Gewicht gehabt. Auch wenn ich mich nicht mehr so viel gewogen habe.
Der Wunsch Kinder zu haben war schon immer da, aber der Zeitpunkt im Leben (Studium, Beruf und Abenteuer) war noch nicht dagewesen. 

Dass ich allerdings so schwergewichtig schwanger sein würde, hatte ich mir in meiner Phantasie früher nicht ausgemalt. Andererseits: wie wahrscheinlich ist es ein Leben plötzlich von XL auf M oder S umzuorganiseren? Als ich dann bereit war schwanger zu werden, wurde mir auch klar, dass ich vermutlich dick schwanger werden würde. Wenn überhaupt. Schon ein paar Jahre trieb mich die Sorge um, dass ich womöglich gar nicht schwanger werden könnte? Innerlich beruhigte ich mich immer damit, dass ich bestimmt rechtzeitig abnehmen würde… nur, dass mir das ja nie gelungen war und ich mittlerweile zugunsten meines Seelenfriedens (minus Selbsthass, plus Selbstakzeptanz) das Interesse daran verloren hatte. Nun, die Sorgen nicht schwanger werden zu können waren unbegründet. Ich war schwanger, nun galt es schwanger zu bleiben und irgendwann ein hoffentlich gesundes, kleines Baby zu gebären. 

Irgendwann habe ich den Spruch gehört, dass Untergewicht ein besonderes Risiko für das Kind darstellt und starkes Übergewicht ein besonderes Risiko für die Schwangere (für das Kind natürlich auch, aber eben ganz besonders für die Schwangere). Daran musste ich denken, als ich schwarz auf weiß erhielt, dass ich eine „Risikoschwangerschaft“ trug. 

Dabei ging es mir gut. Ich hatte keine Übelkeit, fühlte mich fit, ging weiter schwimmen und arbeiten. Trotzdem blieb ein Unwohlsein zurück. Was riskierte ich da? Mein Leben? Das Leben meines ungeborenen Kindes? Was tat ich uns da an? War es egoistisch und dumm ein solches Risiko einzugehen? Ich fühlte mich, als habe man mir einen Stempel aufgedrückt. Und dass dieser „Stempel“ mit gewissen Automatismen einhergeht ahnte ich zu diesem Zeitpunkt schon. Dennoch: dieses unglaubliche, große Glück wollte ich um nichts der Welt wieder wegtauschen. Und als ich dann irgendwann meinen staunenden Arbeitgeber informierte, tat ich das mit den Worten: „Ja, es ist ein kleines Wunder", obwohl ich innerlich dachte, dass es einfach so hatte sollen sein und mein Körper bereit dafür gewesen war.

Mittwoch, 12. August 2015

Projektskizze

Willkommen auf dieser Seite. Bei dick und schwanger ist der Name sozusagen Programm, denn hier geht es um die Themen Kinderwunsch, Schwangerschaft, Geburt und Eltern-/Mutterschaft dicker_fetter Menschen. Du bist herzlich eingeladen mitzumachen, denn dies ist ein Projekt das nur von Gemeinschaft leben kann. Mehr darüber worum es geht gibt es im Mission-Statement nachzulesen. Ressourcen werden hier gesammelt. Und schon bald werden die ersten Erfahrungsberichte zu o.g. Themen veröffentlicht. Gibt es Themen zu denen ihr besonders gerne lesen würdet? Könnt ihr euch vorstellen etwas beizusteuern? Ich freue mich auf euer Feedback. Erreichbar bin ich natürlich über die Kommentarfunktion oder per Mail.